Ziele im Kampf gegen Hunger, Armut und
Ungleichheit erreicht werden sollten. Und
das Bundesentwicklungsministerium baut
derzeit ein eigenes Evaluierungsinstitut auf,
das unabhängige Analysen liefern soll. Einer
der Haken bei der Wirkungsforschung: Sie
ist nicht umsonst – wird sie gut gemacht,
sogar richtig teuer. Manche fürchten daher,
mit den Kosten Spender abzuschrecken.
Kriterien wie der Verwaltungsanteil sollten
allein aber nicht maßgeblich sein, wenn die
Qualität einer Organisation eingeschätzt
wird, sagt Reinhard Stockmann, Leiter des
Zentrums für Evaluation CEval in Saarbrü-
cken: „Eine professionell geführte Organi-
sation kann effektiv und effizient arbeiten
und dabei einen hohen Verwaltungsanteil
haben. Nur durch das, was bewirkt wird,
lässt sich ihre Qualität feststellen.“ Und:
Ohne Evaluierung droht Mittelverschwen-
dung – und die ist nicht eben billiger. Dieser
Ansicht hat sich auch das DZI angeschlos-
sen: Bei seinen 2011 überarbeiteten Stan-
dards achtet das Institut explizit darauf, ob
es eine Wirkungsanalyse gibt. In den Jah-
resberichten von Organisationen, die das
Spenden-Siegel bekommen wollen, muss
über diese informiert werden. Die Kosten
für Evaluierung hat das DZI ausdrücklich
aus den Verwaltungskosten ausgeklammert,
weil es einen direkten Zusammenhang zu
den Projekten und deren Erfolg gibt.
Wie lässt sich Wirkung messen?
Über die Methoden der Wirkungsmessung
gibt es seit Jahrzehnten Diskussionen.
Klar ist: Ein einfacher „Vorher-Nachher“-
Vergleich reicht nicht aus. Auch unabhän-
gig von einer Projektmaßnahme kann zum
Beispiel Armut reduziert werden. Ganz
grob lassen sich die Möglichkeiten zur
Evaluierung in qualitative und quantitati-
ve Methoden unterscheiden: Bei quantita-
tiven Methoden werden statistisch valide
die Fakten gemessen. Man arbeitet zum
Beispiel mit Kontrollgruppen, die von ei-
nem Projekt noch nicht profitieren. Bei
qualitativen Verfahren geht es mehr um das
Verstehen“ einer Maßnahme, wofür zum
Beispiel die Zielgruppen selbst nach ihrer
Einschätzung befragt werden. Im Idealfall
ist eine Mischung von Methoden möglich.
Schließlich muss noch entschieden wer-
den, welche Wirkung gemessen wird: Geht
es um Kurz- oder Langfristigkeit? Geht es
um Individuen oder das Verändern gesell-
schaftlicher Strukturen? Hat ein Projekt
wirtschaftliche, soziale oder ökologische
Auswirkungen? Einen Königsweg gebe es
nicht, betont Stockmann. Die Evaluation
hänge vom Projekt, der Größe der Organi-
sation und natürlich auch vom Budget ab.
Dass Wirkungsevaluierung die Entwick-
lungszusammenarbeit „ökonomisiere“, wie
es mitunter von Kritikern heißt, bezeichnet
Stockmann allerdings als „das dämlichste
aller Argumente“. Jedes Unternehmen habe
mittlerweile ein Qualitätsmanagementsys-
tem, sagt er – das müsse auch bei Hilfsorga-
nisationen selbstverständlich sein.
Der Wissenschaftler rät dazu, drei bis fünf
Prozent eines Budgets für die
Evaluation zu reservieren.
Dabei müsse eine Organisa-
tion beileibe nicht alles über-
prüfen. Besser sei es, einige
Projekte einer glaubwürdi-
gen und aussagekräftigen
Evaluierung zu unterziehen. Wenn eine
Wirkungsüberprüfung negativ ausfalle,
müsse das nicht zum Schaden der Organi-
sation sein, erklärt Stockmann: „Wenn Eva-
luation mit Ehrlichkeit und Aufklärungsar-
beit verbunden ist, bedeutet das auch einen
ganz großen Vorteil im Kampf um das
Vertrauen der Spender.“ Gerade bei neuen,
experimentellen Projekten sei ein Scheitern
auch normal. Ganz ohne belegbare Erfolge
gehe es jedoch nicht, unterstreicht er.
Ann Kathrin Sost
«
Ohne Evaluierung droht Mittel-
verschwendung – und die ist
nicht eben billiger
Fragen an Dirk Niebel,
Bundesminister für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die Evaluierung der Entwicklungszusam-
menarbeit wird vom BMZ schon seit Lan-
gem betrieben. Was waren die Gründe,
jetzt mit dem Aufbau eines deutschen
Evaluierungsinstituts einen neuen Weg zu
beschreiten?
Entwicklungszusammenar-
beit ist ein lernendes System. Wir müssen
die Maßnahmen und Projekte, die wir
verantworten, daher immer wieder neu
hinterfragen und überprüfen, das sind wir auch dem Steuerzahler
schuldig. Bislang hat sich die deutsche Entwicklungszusammenar-
beit mehr oder weniger selbst kontrolliert – sicher kein optimaler
Zustand. Genau das wollen wir nun ändern und unsere Arbeit künf-
tig unabhängig beurteilen lassen.
Was sind die wichtigsten Aufgaben des im Aufbau befindlichen
deutschen Evaluierungsinstituts?
Das Evaluierungsinstitut soll
die Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit von Maß-
nahmen der Entwicklungszusammenarbeit untersuchen, bewerten
und ausdrücklich auch Verbesserungsvorschläge machen. Kurzum:
Wenn es nötig ist, soll das Institut den Finger in die Wunde legen
und Missstände benennen – denn unser Anliegen ist es, zielgenaue,
effektive und nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit zu leisten.
Wie stellen Sie sich das Zusammenwirken des neuen Instituts
und der eigenen Evaluierungsaktivitäten der privaten deutschen
NGOs vor?
Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen. Na-
türlich können und sollen sowohl staatliche Durchführer wie NGOs
weiterhin auch selbst ihre Arbeit überprüfen. Künftig wird es aber
darüber hinaus eine zusätzliche Instanz geben, die die Wirksamkeit
von Projekten noch einmal aus unabhängiger Perspektive beurteilt.
Ich würde mir wünschen, dass wir das allesamt als Chance sehen,
unsere Arbeit noch besser zu machen – vor allem im Sinne der Men-
schen, die wir unterstützen wollen.
Interview: Maike Zürcher
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