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transferiert hat oder seine laufenden Einkünfte vor dem Finanz-
amt niedriger darstellt, als sie tatsächlich sind.
Die USA werden immer wieder als Beispiel für eine völlig ande-
re Spendenkultur angeführt. Was sind die größten Unterschiede
zu Deutschland?
Ein Riesenunterschied ist, dass wir in Deutschland einen ver-
gleichsweise gut ausgebauten, wenn auch in den letzten Jahren
etwas zurückgebauten Sozialstaat haben. Wir haben eine staatli-
che Basissicherung für alle Bedürftigen,
das heißt, in Deutschland wird niemand
alleingelassen. Dies ist der substanzielle
Unterschied zu den USA, wo es lediglich
eine Sicherung bei der Krankenversiche-
rung der über 65-Jährigen gibt, aber ansonsten die Bewältigung
individueller Risiken auf mitmenschliche Solidarität angewiesen
ist. Man kann jetzt trefflich darüber streiten, ob die Großzügigkeit
der Mildtätigenabgabe für das Gemeinschaftsgefühl förderlicher
ist, als wenn der Staat dies über Steuern organisiert. Das amerika-
nische Modell hat auf jeden Fall seine Kehrseite und taugt daher
nur bedingt zum Vorbild.
Interview: Patricia Thivissen
schied des Spendenvolumens zwischen den Einkommensgrup-
pen relativ gering ist und daher bei den reicheren Einkommens-
gruppen noch Potenzial ist, zu spenden.
Das haben Sie Recht. Wir haben in unseren Berechnungen nur
die laufenden Einkünfte, nicht das Vermögen berücksichtigt.
Neben den laufenden Einkünften wäre es vielfach schon zumut-
bar, wenn von den Vermögenswerten das ein oder andere in die
Gemeinschaft eingespeist werden würde, zumal das Wachstum
der Vermögenswerte nicht immer allein das Verdienst der Besitzer
ist. Gleichwohl sollte man sich jedoch davor hüten, eine Debatte
vom Zaun zu brechen, dass die Reichen sich nicht an der Finanzie-
rung des Gemeinwesens beteiligen würden. Im Grenzfall ist mir
ein steuerehrlicher Hocheinkommensbezieher, der wenig spendet,
immer noch lieber als ein vermeintlich Großzügiger, der bei einer
öffentlichen Show anruft und sich mit einer 100.000-Euro-Spende
feiern lässt, aber sein Geldvermögen unversteuert in die Schweiz
Im Alter setzt man sein Vermögen verstärkt für
mildtätige und nicht-eigene Zwecke ein“
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Interview | 23