Geheime Notkliniken, improvisierte Lazarette
Einen ähnlichen Ansatz wie „Ärzte der Welt“ wählt die Hilfs- und
Menschenrechtsorganisation medico international. Im Nachbarland
Libanon hilft der Partner AMEL, eine libanesische Hilfsorganisa-
tion, Flüchtlingsfamilien aus Syrien. Medico selbst unterstützt
unter anderem lokale Hilfskomitees (LCC) in Damaskus, die Le-
bensmittel, Hygieneartikel und Kleidung an Flüchtlinge verteilen.
Seit Beginn des Aufstands sind diese Bürgerkomitees im Einsatz.
Die vorwiegend jungen Ak-
tivisten versorgen durch ein
Ärztenetzwerk in geheimen
Notkliniken und improvisier-
ten Feldlazaretten Verletzte
und Verwundete, die in den
staatlichen Krankenhäusern
von Folter und Tod bedroht
wären. Bei der Hilfe geht es
teils abenteuerlich zu: Die
medizinischen Teams kom-
munizieren ihren Medika-
menten- und Bluttransfusi-
onsbedarf via Internet an die
LCCs, die die Beschaffung im
benachbarten Ausland orga-
nisieren, indem sie die Gü-
ter nach Syrien schmuggeln
lassen und dort an die Teams
verteilen.
Das Leid der Zivilisten
Auch die deutsche Caritas
international unterstützt ge-
meinsam mit einheimischen
Partnern Flüchtlinge in Libanon und Jordanien. Die Hilfe umfasst
neben Lebensmitteln und Decken, Matratzen und Hygieneartikel
auch medizinischen und psychologischen Beistand für die Flücht-
linge, die oftmals völlig mittellos in den Nachbarländern Syriens
ankommen. Insgesamt belaufen sich die Hilfen von Caritas inter-
national seit Beginn der Auseinandersetzungen im März 2011 auf
mehr als eine Million Euro. „Wir dürfen die Augen vor der großen
Not nicht verschließen“, sagt Christoph Klitsch-Ott, bei Caritas in-
ternational zuständig für den Nahen Osten. „Wir sehen oftmals nur
die Gewalt, dabei droht in den Hintergrund zu geraten, dass viele
Zivilisten unter den Kämpfen unermesslich leiden.“
Kai Bargmann
n Syrien leidet die Bevölkerung unter den Folgen des Bürger-
krieges. Für etwa 1,5 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene
wird die Lage von Tag zu Tag verzweifelter. Während es in Sy-
rien immer weniger sichere Zufluchtsorte gibt, sind Jordanien
und Libanon mit dem stetig ansteigenden Zustrom von Flüchtlingen
zunehmend überfordert. Drei deutsche Organisationen u.a. leisten
in dieser Situation humanitäre Hilfe. „Ärzte der Welt“ etwa, der
2000
gegründete deutsche Zweig der internationalen humanitären
Organisation Médecins du Monde, hilft den Anrainerstaaten, die
medizinische Versorgung der Verletzten und Flüchtlinge zu ge-
währleisten. Über den Alltag in Syrien berichtet die Organisation:
Ärzte und medizinisches Personal werden ermordet und gefoltert,
Verletzte suchen aus Angst vor Repressalien die Krankenhäuser
nicht mehr auf, Ärzte werden in ihrer Arbeit in den Krankenhäu-
sern sowie den bombardierten und besetzten Gebieten ständig
behindert.“ Besonders perfide: Der heimliche Transport von Me-
dikamenten wird als Straftat angesehen. Ergebnis der Gewalt ge-
gen Zivilisten: schätzungsweise 19.000 Tote, Tausende Inhaftierte,
Hunderttausende Vertriebene oder Flüchtlinge, viele Verletzte ohne
medizinische Hilfe.
I
Flüchtlingsdrama
in Syrien
Ein Menschenstrom wälzt sich von Syrien in die Nachbarländer Jordanien und
Libanon. Beide können die
Menschenmassen nicht ohne Hilfe
bewältigen
«
Verzweiflung – etwa 1,5 Millionen syrische Flücht-
linge sind auf der Suche nach einem sicheren Ort
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| Vor Ort
Fotos: Getty Images